Die archäologischen Grabungen im Bereich der Burg Dollnstein
Im Zuge umfassender Sanierungsmaßnahmen
der Burgstallungen im Unteren Burghof hat hier der
Archäologe Dr. Mathias Hensch (http://www.schauhuette.de/blog/impressum/)
von Juni 2006 bis zum Juli 2008 in 5 Kampagnen archäologische Untersuchungen durchgeführt.
Die Funde geben erstmalig Einblicke in Bau- und
Siedlungsstrukturen, in ihre Funktion und ihre Nutzung, und
bewiesen ihre große Bedeutung für die mittelalterliche
Herrschaftsgeschichte des Raums. Hier
die Zusammenfassung seiner Grabungsergebnisse.
Vorgeschichtliche
Siedlungsspuren
Bereits für
den Übergang von der Jungsteinzeit zur Frühbronzezeit (um
2000 v. Chr.) kann mit einer Besiedlung in Altmühlnähe
gerechnet werden. So ließen sich im Außenbereich der
Burgmauer Siedlungsgruben dieses Zeitabschnittes nachweisen,
die auf Siedlungsaktivitäten in Ufernähe hinweisen. Zum
Fundmaterial gehören neben Keramikscherben Werkzeugreste aus
Silex, wie getemperte und retuschierte Klingenfragmente,
sowie Tierknochen. Besondere Erwähnung verdient eine
vollständig erhaltene Geweihaxt aus einer Siedlungsgrube im
Außenbereich der Burg.
Keramik
der Eisenzeit (ab 800 v. Chr.) sowie einige römische Funde
deuten eine Nutzung des Geländes in keltischer und römischer
Zeit an. Diese Einschätzung stützen auch
· der Fund von
Eichenholzpflöcken am südlichen Altmühlufer im Bereich der
Römerstraße, die dendrochronologisch in das
2. Jahrhundert
n. Chr. datiert werden konnten,
· die
luftbildarchäologische Aufnahme einer nördlich des Friedhofs
gelegenen villa rustica.
· Auch aus
siedlungsgeographischer Sicht ist eine kaiserzeitliche
Siedlungsstruktur am Flussübergang, der ja gewissermaßen
ein Zwangspunkt des Verkehrs war, sehr wahrscheinlich.
Die
Ausgrabungen im unmittelbaren Bereich der Burganlage
allerdings sind den sicheren Nachweis einer römischen oder
germanischen Ansiedlung am nördlichen Ufer der Altmühl
schuldig geblieben.
Das
Frühmittelalter – die Burg entsteht
Offene
Siedlung am Altmühlufer
Die
mittelalterliche Besiedlung am Platz der Burg beginnt nach
Aussage der Keramikfunde etwa an der Wende vom 7. zum 8.
Jahrhundert n. Chr.. Siedlungsbefunde und Fundmaterial
(mehrere Gruben und Gräbchen sowie eine ausgedehnte
Siedlungsschicht mit zahlreichen Siedlungsanzeigern wie
Holzkohle, Tierknochen, Keramik, Metall und Eisenschlacke)
lassen für diese Zeit eine offene frühmittelalterliche
Siedlung am nördlichen Altmühlufer vermuten.
Sie lassen auch den Schluss
zu, dass diese Siedlung nicht allein agrarisch geprägt war,
denn der Altmühlübergang und die Anbindung an die
Wasserstraße dürften für sie von größter Bedeutung gewesen
sein. An solchen Stellen war es möglich, von der Straße auf
das Schiff umzuladen, um Waren altmühlabwärts in Richtung
der Zentralorte Eichstätt und Regensburg zu befördern.
Holz - Erde
- Befestigung
Erhaltene Hohlräume der Pfostenreihe (Foto: Hensch)
Rekonstruktionsversuch der Holz-Erde-Befestigung
Foto: Dr. Mathias Hensch |
Im
östlichen Siedlungsbereich fanden sich unter der
hochmittelalterlichen Befestigung der Hauptburg Spuren
massiver Holzpfosten, die auf eine sogenannte
Holz-Erde-Konstruktion als älteste Befestigung hindeuten.
Auffällig ist dabei vor allem, dass diese Pfostenspuren im
Bereich der nachfolgenden Befestigungsmauern des 11. und 12.
Jahrhunderts liegen. Sie waren sehr wahrscheinlich
Bestandteil einer hölzernen Befestigung, die man in die
spätkarolingisch - frühottonische Zeit, also in das 9./10.
Jahrhundert datieren kann.
Gleichzeitig mit dem Setzen der Pfosten
(1) schüttete man eine
Erdrampe an der Innenseite der Pfostenkonstruktion auf, um
zum einen Stabilität der Konstruktion zu erreichen und zum
anderen einen bequemen Zugang auf die Holz-Erde-Mauer zu
gewährleisten. Im Randbereich der Erdrampe schlugen die
Baumeister zusätzlich zahlreiche Pfosten dicht nebeneinander
tief in den Boden ein, was ein Abrutschen des aufplanierten
Erdmaterials verhindern sollte (2). Aus dem Vergleich mit
anderen ähnlichen erforschten Burganlagen könnte diese
Befestigung aus je einer Reihe innerer und äußerer Pfosten
bestanden haben, die durch horizontale Ankerbalken
miteinander verbunden und an ihrem Ende gegen ein
Verrutschen gesichert wurden. Das so entstandene hölzerne
„Kastenwerk“ verfüllte man mit Steinen und Erde, um der
Konstruktion Festigkeit zu verleihen. Die Außenseite der
Konstruktion wer wohl zwischen den Pfostenstellungen mit
einer trocken, d.h. ohne Bindemittel wie Mörtel oder Lehm,
gesetzten Steinmauer verblendet. Auf der Mauerkorne darf man
sich eine Brustwehr aus mit Lehm verputztem Flechtwerk
(4) vorstellen. Zinnenartige Einschnitte in der Brustwehr boten
den Verteidigern die Möglichkeit zur freien Sicht und zum
Schuss auf den Angreifer aus geschützter Position.
Wir können also für das
9./10. Jahrhundert eine Burg in Dollnstein voraussetzen, der
im Rahmen königlicher oder adliger Grundherrschaft und
aufgrund ihrer verkehrs-geographischen Situation eine
wichtige Rolle im Herrschaftsraum zukam.
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Civitas
Tolunstain – Die Innenbebauung der Burg des 11. bis 14.
Jahrhunderts
Steinerne
Ringmauer
Ringmauerfundament des 11. Jahrhunderts unter der
Ringmauer der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts
(Foto: Dr. Mathias Hensch) |
Zu umfangreichen Baumaßnahmen kam es dann in salischer und
frühstaufischer Zeit, in der ein massiver Ausbau der
Dollnsteiner Burg erfolgte. Im Laufe des 11. Jahrhunderts
errichtete man anstelle der älteren Befestigung eine
steinerne Ringmauer, die sich bis heute in westlichen Teilen
im aufgehenden Baubestand der südlichen Außenmauer der
Burgstallungen erhalten hat.
Das
in Lehm gesetzte, sehr qualitätvolle Fundament dieser
steinernen Befestigung war in eindrucksvoller
Fischgrätmauertechnik (opus-spicatum) errichtet
worden. Die Lehmbindung des Fundaments hatte gegenüber der
Kalkmörtelbindung den Vorteil, dass keine Feuchtigkeit aus
dem Boden im Mauerwerk nach oben steigen konnte. Hier zeigt
sich ein genaues Verständnis der hochmittelalterlichen
Steinmetze für das Bauen in der Flussniederung. Von außen
hatte man das Fundament an einigen Stellen mit einer
rampenartigen Lehmschicht abgedichtet, um auch hier einen
wirksamen Feuchtigkeitsschutz zu erreichen.
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Hochmittelalterlicher
Saalbau (Palas)
Von
überregionaler Bedeutung sind die Befunde zur Innenbauung
der hoch- und spätmittelalterlichen Burganlage.
Nordostecke des östlichen Steinbaus aus der Zeit um
1100/frühes 12. Jahrhundert (Foto:Dr. Mathias Hensch) |
An der
südlichen Ringmauer entstanden bis zum frühen 12.
Jahrhundert mindestens zwei aufwändig erbaute Steingebäude.
Im mittleren Abschnitt der Burgstallung gelang es, eines
dieser Steinhäuser vollständig zu erfassen. Es besaß einen
rechteckigen Grundriss von 12,5 x 9 m Größe und ein
gegenüber dem Hofniveau geringfügig in den Boden
eingetieftes Erdgeschoss. Seine südliche Außenmauer wurde
von der Ringmauer gebildet.
Die
Untersuchung zeigte, dass die Ringmauer älter ist als das
angrenzende Steingebäude. Letzteres lässt sich aufgrund von
Fundmaterial relativ sicher in das beginnende 12.
Jahrhundert datieren. Damit könnte die Ringmauer im 11.
Jahrhundert erbaut worden sein.
Unmittelbar
westlich des rechteckigen Steinbaus stand in der Zeit um
1100 ein weiteres Gebäude aus Stein. Seine Erbauungszeit und
Dimensionen konnten nicht festgestellt werden, weil die
archäologische Untersuchung infolge denkmalpflegerischer
Vorgaben hier nicht bis in größere Tiefen vordringen konnte.
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Um die Mitte
des 13. Jahrhunderts vereinigte man diese beiden, bislang
offenbar ohne bauliche Verbindung getrennt nebeneinander
stehenden Steinbauten zu einem Bauwerk. Das so entstandene
repräsentative Gebäude hatte nun eine Länge von mehr als 22
m, bei einer Breite von 8 bis 9 m.
Luftheizung
Im
südwestlichen Bereich wurde außerdem eine hypokaustische
Luftheizung in das Gebäude integriert. Der damit weitgehend
rauchfrei zu beheizende Raum lag oberhalb dieser Anlage und
ist nicht erhalten. Es ist gut denkbar, dass die Heizung zu
einer Bohlenstube gehörte, in der es privilegierten Personen
möglich war, zur kalten Jahreszeit wohlige Wärme zu tanken.
Dies beweist einen gehobenen Wohnkomfort auf der Burg.
Kalkplattendach
Zumindest das östliche Steinhaus besaß zum
Zeitpunkt der Umbaumaßnahmen, also um die Mitte des 13.
Jahrhunderts, eine für das Altmühltal charakteristische
Dachdeckung aus Kalkplatten. Diese Beobachtung ist bau- und
regionalgeschichtlich von großer Relevanz, denn der Nachweis
dieser Art der Dachdeckung für die Zeit spätestens kurz nach
1100 darf als kleine baugeschichtliche Sensation gelten.
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Eisenverhüttung
im Burgbereich
Einen
interessanten Einblick in die ökonomische Struktur der Burg
geben Befunde und Funde zu handwerklichen Tätigkeiten im
Burgbereich. Bereits in frühmittelalterlichen
Siedlungsschichten finden sich Fließschlacken und
Düsenfragmente, die die Verhüttung von Eisenerzen vor Ort
anzeigen. Darauf deuten die Reste von Rennfeueröfen zur
Eisenverhüttung und eines größeren birnenförmigen Ofens
unbekannter Funktion aus dem 13. Jahrhundert hin, die im
Außenbereich der Burg gefunden wurden. Handwerkliche Befunde
dieser Art stehen beispielhaft für die Verbindung von
Herrschaft und Handwerk auf hochmittelalterlichen Burgen.
In frühmittelaterliche Siedlungsschichten
eingetiefter, birnenförmiger Ofen unbekannter
Funktion des 13. Jahrhunderts (Foto: Dr. Mathias
Hensch) |
Ausbau der Befestigung
Burghof
Auch
im Hofareal ließen sich interessante Baudetails untersuchen.
So befestigte man im späten 11./12. Jahrhundert den
Untergrund im Inneren der Burg großflächig mit einer
aufwändig verlegten Steinpackung. Es ist wahrscheinlich,
dass man versuchte, mit einer massiven Untergrundbefestigung
ein Nachsacken des Bodens über der bereits lange verfüllten
Senke der Holz-Erde-Befestigung des 9./10. Jahr-hunderts zu
verhindern.
Burghof ca. 1958
Umbau zu den
„Burgstallungen“
Der durch die Zusammenfügung der beiden älteren
Gebäude um 1250 entstandene große Steinbau wurde
schon spätestens um die Mitte des 14. Jahrhunderts
abgetragen und wiederum durch zwei separate
Steingebäude ersetzt. Es ist möglich, dass dieser
Abbruch in Zusammenhang mit dem damals wohl bereits
erfolgten Bau der Oberburg auf dem Felsen steht.
Teile dieser beiden Bauten haben sich in den
steinernen Untergeschossen der Burgstallungen
erhalten. Sie wurden um 1442 zu einer Gebäudezeile
zusammengeschlossen und erhielten 1445 die bis heute
erhaltenen Fachwerkobergeschosse.
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Kammertor (Foto: Dr. Mathais Hensch)
Kammertor
Im gleichen Bauvorgang mit
den östlichen Teilen der jüngeren Ringmauer ist auch das
vollständig erhaltene, tonnengewölbte Kammertor entstanden.
Die Quaderlagen im äußeren Eckbereich von Tor und Ringmauer
greifen ineinander, so dass die gleichzeitige Errichtung
beider Bauteile im Laufe des 12. Jahrhunderts ersichtlich
wird. Damit besitzt die Dollnstein eines der wenigen
vollständig erhaltenen Kammertore des 11. bis frühen 13.
Jahrhunderts in Bayern.
Nach dendrochronologischen
Untersuchungen wurde das Kammertor im Jahr 1420 oberhalb der
ursprünglichen Wehrebene des 12. Jahrhunderts um zwei
Geschosse aufgestockt. Dieses bis heute erhaltene Burgtor
dürfte ein älteres Tor ersetzt haben, über dessen Konzeption
und Alter wir jedoch nichts wissen.
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Ringmauer mit
aufgemauerten Zinnen (Foto.Bernhard Eder) |
Ringmauer
Auch an der Befestigung der Burg wurde vom 12. bis zum 15.
Jahrhundert weiter gebaut. Im 12. Jahrhundert ließen die
Burgherren den östlichen Teil der Ringmauer des 11.
Jahrhunderts obertägig abbrechen und neu aufmauern. Durch
diese Maßnahme vergrößerte sich das umwehrte Areal der Burg
nach Südosten.
Zinnenkranz
Die umfangreichen baulichen
Veränderungen ab 1250 betrafen nicht allein die
Innenbebauung, sondern auch die Befestigung. Wie die
Bauforschung zeigte, ließen die jeweiligen Bauherren an der
südlichen Ringmauer bis in das 15. Jahrhundert weiter bauen.
So erhielt die Mauerkrone während des 14. Jahrhunderts einen
Zinnenkranz, der bereits im 15. Jahrhundert wieder vermauert
wurde, als die Ringmauer deutlich aufgestockt und die
Mauerkrone mit Schlitzscharten versehen wurde.
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