1. Dezember 1987

Die Bestandsaufnahme der Wirtschaftsgebäude der ehemaligen Burg
in Dollnstein, Landkreis Eichstätt, Oberbayern

Der Markt Dollnstein liegt ca. 10 km westlich von Eichstätt im Altmühltal. Im südwestlichen Bereich des alten Ortskerns ragt heute ein zerklüfteter, länglicher Felsen heraus, dem an keiner Stelle mehr anzusehen ist, dass noch bis ca. 1860 hier die mittelalterliche Burg der Grafen Dollnstein-Hirschberg stand…Von dieser Burg ist praktisch nichts mehr erhalten, lediglich der Felsen auf dem sie stand.
Um diesen Felsen liegen ringförmig angeordnet Teile der ehemaligen Vorburg, die ursprünglich Stallungen und Scheunen waren. Diese an die Innenseite der Ringmauer angebauten Gebäude befanden sich bis vor kurzem in Privatbesitz, sie waren nur noch für Lagerzwecke benutzt, ein kleinerer Teil war schon im 17./18. Jahrhundert als Wohnung umgebaut und auch diese stand die letzten fünf Jahre bereits leer.
Die Nordseite dieser Wirtschaftsgebäude zeigt im Obergeschoß mit Ständern, Sturz‑ und Brustriegeln, über die lange, steile Kopfbänder geblattet sind, Konstruktionsmerkmale des 15. Jahrhunderts. Diese Datierung wurde durch dendrochronologische Untersuchungen auf die Jahre um 1440 konkretisiert.
Nachdem die Gebäudeanlage nun der Markt Dollnstein erworben hat, wurde vom Landesamt für Denkmalpflege als vorbereitende Untersuchung eine exakte verformungsgetreue Vermessung durchgeführt. Zu diesem Zweck hat das Referat Bauforschung eine Gruppe von Architekten zusammengestellt, die im Rahmen dieser Arbeit in der Bauaufnahme neu- bzw. weiter ausgebildet wurden. Unter der Leitung von Dipl.-Ing. H. Strehler arbeitete am Meßnetz Dipl.‑Ing. (FH) J. Fischer mit, ebenso Dipl.-Ing. (FH) P. Talaska, Dipl.-Ing. Eva Bernhard und Dipl.-Ing. Sabine Lindenberger. Die Studentin der Kunstgeschichte, Frau Chr. Gress, stellte die verfügbaren Archivalien zusammen, der Student der Volkskunde, Fr. Koch, war an der Auflistung des verbliebenen Inventars beteilig.
Insgesamt wurden gezeichnet: Grundriss EG, Zwischengeschoß, Obergeschoß, die gesamte Nordansicht, sechs Querschnitte und ein Längsschnitt im Maßstab 1:25. Während der Bauaufnahme stellte sich heraus, dass noch zahIreiche Details der Erbauungszeit angehören. So befinden sich zum Beispiel in der Obergeschoßnordwand noch sogenannte Flechtwerkgefache. In die Mitte der tragenden Holzteile wurden Löcher gebohrt, dann vertikal Äste oder längsgespaltene Hölzer gesteckt, um diese wurden horizontal wiederum Äste gewunden und das Ganze außen und innen mit einem Lehmstrohgemisch verstrichen. Alle ursprünglichen Holzkonstruktionen des Obergeschosses sind in Eichenholz ausgeführt und zeigen mit ihren Verblattungen die Holzverbindungen des 15. Jahrhunderts. Die Firstpfette im westlichen Bereich ist ein einfacher Baum (!) von dem lediglich die Aste abgesägt wurden. Teile der Sparren sind ebenfalls Bäume, jüngere Reparaturen haben behauene Balkenquerschnitte hinterlassen. Die Dach"latten" sind rohe Äste, zum Teil noch mit Rinde, oder längsgespaltene dickere Äste, die mit Holznägeln (Querschnitt ca. 2/2 cm) auf die Sparren genagelt sind. Die Deckung ist die für das Juragebiet typische Kalkplattenabdeckung. Alle Binderkonstruktionen weisen nahezu identische Verformungen auf; der Bereich unter dem First hat sich teilweise stark gesenkt - offensichtlich war die Gründung der Mittelstützen unzureichend.
Eine Fachwerktrennwand im Obergeschoß trägt eine Bleiinschrift von 1669, unter dieser Wand läuft ein Bretterboden durch bis zum Westgiebel. Dieser Boden besteht aus zwei versetzten Lagen von gefälzten Dielen, die an den Längsstößen jeweils mit zwei geschmiedeten Nägeln auf die Deckenbalken genagelt wurden. Der gesamte Boden folgt den Gebäudeverformungen, die Anschlüsse an die Längsschwellen der Außen- bzw. Dachkonstruktion ist so sauber ausgeführt, dass es naheliegt, auch diesen Dielenbelag noch in die Erbauungszeit zu datieren.
Eine andere Trennwand im Obergeschoß ist wiederum als Fachwerkwand mit einfachem Ständer/Riegelhölzern ausgeführt und verputzten Ziegelgefachen.
Die Giebelgefache der Westseite schmücken ‑ dies konnte erst festgestellt werden, nachdem starke Staub‑ und Schmutzschichten entfernt wurden ‑ liegend und
hochkant verlegte Ziegel., mit den Abdrücken von Blättern, Kinder- und Erwachsenenhänden. Es ist noch nicht klar, ob es sich hier um apothrophäische Darstellungen oder um die Spielerei eines Maurers des 17./18. Jahrhunderts handelt.
Der Bauzustand ist an mehreren Stellen sehr bedenklich, eine Folge von jahrelanger Vernachlässigung des Bauunterhalts. Offenbar wurden diese Gebäude auch in früheren Jahrhunderten nur spärlich genutzt und umgebaut. Diesem glücklichen Umstand verdanken wir zahlreiche Einzelheiten des 15. bis 19. Jahrhunderts. Die "lnstandsetzungs- und Reparaturarbeiten stellen hohe fachliche Anforderungen an.
Planer und Handwerker, hier können nur geeignete, im Umgang mit Baudenkmälern geschulte Personen herangezogen werden.
Die Voruntersuchungen, Ende März 1987 abgeschlossen, sollen die Grundlage zur Erarbeitung eines Sanierungs‑ und Nutzungskonzeptes bilden.

 Heinz Strehler