23.03.2004

Mächtige Mauern als Steinlieferanten
Heute vor 200 Jahren wurde die Dollnsteiner Burg an sieben Bürger versteigert

Dollnstein (be). „Nachdem zufolge höchster Entschließung die bey gegenwärtiger Verfassung entbehrlichen Höchstherrschaftl. Gebäude sowohl dahier in der Stadt, als auf dem Lande, im Versteigerungwege, jedoch mit Vorbehalt gnädigster Begnemigung nach und nach veräußert werden; so wird Freytags den 23ten dieß auf hießiger Hofkammerkanzley mit der Versteigerung 1.) des ehemaligen Pflegschlosses sammt Zugehörungen in Dollenstein, 2.) der alten Hofschreynerei…einsweilen der Anfang gemacht. Die Kaufsliebhaber können also an obbemeldetem Tage von Morgens 9 Uhr an auf der Hofkammerkanzley dahier die näheren Kaufsbedingnisse erfahren, und ihr Anboth zu Protokoll geben. Eichstätt den 10ten März 1804. Brems, Hofkammerrath als Baukommissär.“

Diese Ankündigung im „Kürfürstlichen salzburgischen Eichstätter Intelligenzglatt“ vom 14. März 1804  leitete, wie wir heute wissen, den Abbruch der Dollnsteiner Burg und damit einen großen Verlust für die Marktgemeinde ein. Wie viele Dollnsteiner und andere Kaufinteressenten sich an diesem  denkwürdigen 23. März vor genau 200 Jahren in Eichstätt einfanden, wissen wir nicht. Sicher ist, dass jene sieben Dollnsteiner dabei waren, die die Burg schließlich steigerten: Ignaz und Sebastian Gegg, Peter Nar, Josef Noder, Josef Hetzler, Chrysanth Bauch und Georg Schödl. Mit Vertrag vom 9. Mai 1804 erwarben sie das Schloss. Burgenforscher Helmut Rischert erwähnt sie in seinem Beitrag „Burg, Herrschaft und Amt Dollnstein“ im Buch „Dollnstein – 600 Jahre Markt“ von 1987 und beschreibt die damaligen politischen Vorgänge.

Vorausgegangen waren einschneidende Veränderungen. Am 30 August 1802 besetzten bayerische Truppen Eichstätt,  da das Hochstift, zu dem Dollnstein gehörte, zusammen mit anderen Gebieten dem Kurfürsten von Bayern zufallen sollte – als Entschädigung für linksrheinisches Territorium, das durch den Frieden von Luneville 1801 an Frankreich abgetreten worden war. Ende November erfolgte die offizielle Besitznahme Eichstätts durch Bayern. Das Pflegamt Dollnstein, das formell bis 1804 bestand, blieb von da an unbesetzt.
Infolge der Pariser Konvention vom 26. Dezember 1802  erfolgte ein erneuter Besitzerwechsel. Der habsburgische Großherzog Ferdinand III. von Toscana wurde u.a. mit Teilen des Hochstifts Eichstätt entschädigt, darunter auch Dollnstein. Mitte Februar nahm Ferdinand, nunmehr Kurfürst von Salzburg, davon Besitz. Wegen übernommener Kriegsschulden geriet die neu gebildete kurfürstliche Regierung jedoch bald in finanzielle Schwierigkeiten und versuchte durch die Veräußerung unnötiger Besitztümer (siehe EK vom 10.03.04) zu Geld zu kommen.

Vieles deutet darauf hin, dass die sieben neuen Besitzer der Dollnsteiner Hauptburg sich vor der Versteigerung wohl schon über die Aufteilung des Burggeländes abgesprochen hatten und sich vor allem von vorneherein über die Ausschlachtung der Hauptburg  als Steinbruch einig waren. Darauf weist auch die neue Besitzaufteilung des Felsens hin. Das Katasterblatt von 1834 lässt erkennen, dass der Burgfelsen damals tatsächlich in 7 Grundstücke aufgeteilt war. Da in der fürstbischöflichen Zeit der einzige Zugang zur Hauptburg ein Treppenturm war - der Felsen fällt nach allen Seiten steil ab –, waren diese Grundstücke ja sonst wirtschaftlich ziemlich wertlos. Auch die Gebäude der Vorburg wurden auf die sieben neuen Besitzer aufgeteilt, und dies nicht nur nach den Gebäudeteilen, sondern zum Teil sogar nach Stockwerken.

Die einst mächtige, das Tal beherrschende Hauptburg war also auf Jahre hinaus ein bequemer Steinbruch, der für den Bau von Wohnhäusern, Scheunen und Ställen billiges Material lieferte und vielleicht durch den Verkauf von Baumaterial auch Geld einbrachte.  Die Wirtschaftsgebäude der Vorburg wurden „zu Wohnungen armer Leute“ hergerichtet bzw. als landwirtschaftliche Lager verwendet, in den Burghof wurden bald neue Häuser gebaut. 1843 bezeichnet der Neuburger Professor F. J. Platzer die Burg als „nunmehr größtentheils abgebrochenes Schloß“.
Der Weilheimer Stadtpfarrer Böheimb schildert 1860 die Hauptburg als „greulich verwüstete Ruine“, die zu einem „unförmigen Schutthügel“  wurde, „zu dem kein ordentlicher Weg führt“.
Nur auf der Westseite sah man damals noch „bedeutende Quaderwände, Fenstergesimse, ein steinernes Pförtchen und Schießscharten“. Auch davon sind heute nur mehr klägliche Grundmauern erhalten, die wohl auch nur mehr von den Wurzeln der Pflanzen zusammengehalten werden, die sie überwuchern.

Zum Glück hat der Zimmerermeister Joseph Ruf, der die Burg noch kannte, um die Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Erinnerung und wohl auch auf der Grundlage damals noch vorhandener Grundmauern einen Aufriss der Hauptburg und die dazugehörigen Grundrisse gezeichnet. Danach bestand sie aus drei Gebäuden,  die sich unmittelbar über dem Steilabfall des Felsens erhoben, Satteldächer trugen und durch Mauern miteinander verbunden waren.

Franz Xaver Regler, der ehemalige Leiter der Volksschule Dollnstein, hat die Burg vor etwa 20 Jahren nach dieser Zeichnung sorgfältig rekonstruiert. Das Modell vermittelt einen sehr guten Eindruck von der ehemaligen Gesamtanlage. Sie „stand in Kraft und Würde da“ und  „bildete Jahrhunderte lang die Zierde des Thales“, so Böheimb.  

Wenigstens die akut einsturzgefährdeten Reste der Vorburg zu retten haben sich die Gemeinde und der Verein „Burgfreunde Dollnstein“ zum Ziel gesetzt (wir berichteten). Voraussetzung dafür war der inzwischen weitgehend abgeschlossene Erwerb des aufgesplitteten Besitzes durch die Gemeinde.

 

Zu den Bildern:

Intelligenzblatt 1804: Bekanntmachung der Versteigerung der Dollnsteiner Burg und anderer Besitzungen im „Kürfürstlich salzburgischen Intelligenzblatt“ vom 14.01.1804

 

Eine um 1830 entstandene Lithografie zeigt noch größere Reste der Hauptburg.

 

 

Das Modell der Dollnsteiner Burg, das der ehemalige Rektor der Volksschule,
Franz Xaver Regler, gefertigt hat.

 

Der Burgfelsen heute: Zum großen Teil von Efeu überwuchert sind
die wenigen Grundmauern der Hauptburg, die noch übrig geblieben sind.