Das jura Haus
Nummer 10
2004/2005
ISSN 0948-5066
Seite 79:

 


Der Regensburger Restaurator Siegfried Mühlbauer erläuterte vor zahlreichen Interessenten die Baugeschichte der Vorburg

 

Der Jurahaus-Verein als Geburtshelfer

Bis zum tausendjährigen Marktjubiläum 2007 könnte die spätmittelalterliche Vorburg in Dollnstein (Kreis Eichstätt) gerettet sein. Um die Bevölkerung über die Bedeutung dieses Baudenkmals aufzuklären und um Spenden für seine Erhaltung zu sammeln, wurde im November 2003 der Verein „Burgfreunde Dollnstein“ gegründet. Der Jurahaus-Verein leistete dabei Geburtshilfe. Denn die bruchsteingemauerte Anlage mit ihren Legschieferdächern ist eines der wichtigsten Objekte in Altmühl-Jurabauweise – und war lange ein Sorgenkind der Denkmalpflege.

Zuletzt, das merkte man ihm an, überwog der Frust. Verständlich! Denn die Diskussionen um das Schicksal der Dollnsteiner Vorburg ähnelten dem der unendlichen Geschichte. Immer wieder gab es Vorstöße für eine Rettung, regelmäßig traf man sich in einem losen Arbeitskreis, diskutierte, schmiedete Pläne, verfasste Konzepte. Alles aber ohne ein greifbares Ergebnis. Doch das ist nun vorbei. Nachdem die Vorstandschaft des Jurahaus-Vereins quasi die Initialzündung gelegt hatte, hoben der pensionierte Rektor Bernhard Eder und sein Freund, der Bauingenieur Hugo Bittelmayer, mit einigen weiteren Gleichgesinnten in Rekordtempo den neuen Verein „Burgfreunde Dollnstein“ aus der Taufe. Und diesmal fiel ihr Anliegen auf überraschend große Resonanz. Nachdem die Rettung der historischen Gebäude bisher meist nur in kleinen Zirkeln erörtert worden war, ist sie seit kurzem ein Thema in der breiten Öffentlichkeit. Die Weichen dafür gestellt hatte auch der neue, geschichtsbewusste und aufgeschlossene Bürgermeister Hans Harrer.

Bernhard Eder, Hugo Bittelmayer, Andreas Margraf und die anderen Mitstreiter müssen sich damit abfinden, dass manche Dinge einfach ihre Zeit brauchen. Und diese Zeit war noch nicht da, als sie erstmals um Lösungen für ihre Vorburg rangen. Auch andere setzten sich früh schon für die Reste der Dollnsteiner Burg ein – vor allem das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege unter seinem längst pensionierten Referenten,Hauptkonservator Dr. Ing. Horst Karl Marschall. 1986 ließ es eine umfassende Bestandsaufnahme der Vorburg erarbeiten, ein Sanierungskonzept folgte. Und 1994 legten der Architekt Prof. Johannes Geisenhof und sein Partner Prof. Dr. Harald Bodenschatz eine Rahmenplanung zur Erneuerung des Ortskerns vor – samt Burganlage. Die beeindruckende Fotodokumentation dazu mit Bildern der gefährdeten Vorburg und des Burgtores stellte der Jurahaus-Verein wenig später in Eichstätt aus.

Gefährdet waren die Wirtschaftsgebäude der Vorburg schon vor 30 Jahren. Um 1970 stürzte sogar der südwestlich an das Burgtor anschließende jüngere Trakt ein, der erst um 1820 neu errichtet worden war. Und keine zehn Jahre später wurde im Gemeinderat ernsthaft erwogen, auch die übrige Vorburg zu beseitigen. Erst ein massiver Leserbrief von Bernhard Eder gab den Anstoß zum Umdenken. Inzwischen hat man erkannt, so Eder, Mitbegründer und Motor des neuen Vereins, dass es sich bei den verbliebenen Bauten um wertvollste und im weiten Umkreis einmalige mittelalterliche Substanz handelt. Eine dendrochronologische Untersuchung ergab, dass das Bauholz für die ältesten Teile der noch erhaltenen Wirtschaftsgebäude im Winter 1242/43 gefällt wurde. Das Erdgeschoss ist aus massivem Bruchsteinmauerwerk, das Obergeschoss aus Fachwerk. Fälschlicherweise hatte sich im Sprachgebrauch für die Vorburg der Begriff Burgstallungen eingebürgert. Doch die Stallungen sind nur ein Teil der Vorburg,zu der immer auch schon Wohnräume gehörten. Die heute noch weitgehend erhaltene Wohnung mit Flur, Stube, Rauchkuchl und Kammer geht ins Jahr 1557 zurück, wurde aber in der Barockzeit umgebaut. Und auch die Burgkapelle ist hier zu lokalisieren.

Leider gibt es von der einstigen auf einem Felsen mitten in der Marktgemeinde gelegenen Burg keine authentische Darstellung. Aber eine 1835 von dem Zimmermann Joseph Ruf gefertigte Zeichnung dürfte dem ursprünglichen Zustand der einst bischöflichen Burganlage sehr nahe kommen.

Am 14. März 1804 – zwei Jahre nach der Säkularisation – war im „Eichstätter Intelligenzblatt“ die Burg zur Versteigerung ausgeschrieben. Sieben Dollnsteiner Bürger (Ignaz und Sebastian Gegg, Peter Nar, Josef Noder, Josef Hetzler, Chrysanth Bauch und Georg Schödl) erwarben dann das einstige Pflegschloss, das bis 1735 ein adeliger Pfleger bewohnt hatte. Sie demolierten in den folgenden Jahren die Gebäude auf der Hauptburg, um das gewonnene Material Gewinn bringend zu verkaufen. Eine einst mächtige Befestigungsanlage als Steinbruch. Nur die Vorburg tasteten sie nicht an. Aus ihr wurden Wohnungen für arme Leute und im Burghof unterhalb des Felsens entstanden später neue Häuser. Um 1860 wird das Pflegschloss so geschildert: „Eine gräulich verwüstete Ruine, die einen unförmigen Schutthügel bildet, zu dem kein ordentlicher Weg führt.“

Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Renovierung ist bereits geschaffen: Die Gemeinde konnte in den letzten Jahren die einzelnen Bauteile – bis auf eine Ausnahme – von den verschiedenen Eigentümern erwerben. Das war keine einfache Maßnahme. Denn die Besitzverhältnisse waren seit der Säkularisation sehr kompliziert. Der Wirtschaftstrakt war nicht nur in der Länge aufgeteilt, sondern auch in der Höhe. So hatte manches Erdgeschoss andere Besitzer als das Stockwerk darüber. Erst vor wenigen Monaten gelang es dem Marktgemeinderat unter Bürgermeister Hans Harrer auch das spätmittelalterliche und nahezu unveränderte Burgtor dazu zu erwerben. In ihm steckt die älteste Substanz der ganzen Anlage.


Auch das spätgotische Torhaus zur abgetragenen Hauptburg ist noch original erhalten und seit kurzem im Besitz der Marktgemeinde

Nach oben führt noch die originale Keilstufen-Treppe
 

Um die Bevölkerung vor Ort zu informieren, aufzuklären und für die Erhaltung der Vorburg zu gewinnen, wurde im kleinen Kreis die Gründung eines Fördervereins vorbereitet. Die beiden Vorsitzenden des Jurahaus-Vereins, Peter Leuschner und Dr. Ludwig Bauer, sowie Patenschaftsbeauftragter Dipl. Ing. (FH) Erwin Schrefel brachten dabei ihren reichen Erfahrungsschatz ein. Sie und weitere Mitglieder des Jurahaus-Vereins nahmen dann auch an der Gründungsversammlung teil.

 
Die Vorstandschaft des neugegründeten Vereins mit Restaurator Mühlbauer (Mitte)

Der neue Verein will sich bei seiner künftigen Arbeit aber nicht einengen lassen auf die Rettung der Vorburg, sondern verankerte in seiner Satzung auch die Sorge um andere historisch wertvolle Bauten im Bereich der Marktgemeinde. Wenn auch leider in den vergangenen Jahren der Bestand an Jurahäusern in Dollnstein dezimiert wurde, so gibt es hier dennoch mehr von ihnen als in vielen anderen Orten. Keine zwei Wochen nach seiner Gründung lud die Vorstandschaft unter Hugo Bittlmayer, Andreas Margraf, Bernhard Eder und Hans Harrer zum ersten Termin: der Regensburger Restaurator Siegfried Mühlbauer führte rund 150 Interessenten durch die Räumlichkeiten der Vorburg. Unter seinen sachkundigen Erklärungen begannen Mauern, Baufugen, Farbspuren, Putzschichten und Balken zu sprechen. „Denn“, so Mühlbauer, „Gebäude sind wie ein Geschichtsbuch. Man muss nur darin lesen können.“

 
Eine Renovierung dürfte sich nach ersten Schätzungen auf rund zwei Millionen Euro belaufen

Da die Renovierung der Vorburg auf mindestens zwei Millionen Euro geschätzt wird, hat der Gemeinderat bereits in ersten Gesprächen mit Behörden die Finanzierung auszuloten versucht. Auf Grund der sehr angespannten Finanzlage ist die Marktgemeinde derzeit nicht in der Lage, den verbleibenden Eigenanteil von rund 600 000 Euro aufzubringen. Auch hier könnte der Verein mit Hilfe von Spenden einspringen. Bei der letzten Mitgliederversammlung des Jurahaus-Vereins in Eichstätt bedankte sich der Vorsitzende des neuen Vereins, Hugo Bittlmayer, für die bisherige Unterstützung und warb um weitere Hilfe. Spontan wurden unter den Besuchern knapp 600 Euro als kleiner Grundstein für die bevorstehende große Aufgabe gesammelt, ein Anonymus legte 500 Euro dazu.

NB In seiner Sitzung am 7. Januar 2004 stellte der Marktgemeinderat die Weichen für die Rettung und künftige Nutzung der Vorburg.

AUTOR: PETER LEUSCHNER

FOTOS: ERWIN SCHREFEL, PRIVAT

So kann man helfen

Wer die Renovierung der legschiefergedeckten Vorburg unterstützen will, sollte Mitglied bei den „Burgfreunden Dollnstein“ werden. Der Mitgliedsbeitrag für Einzelpersonen beträgt 25 Euro, der für Ehepaare 30 Euro. Auskünfte über Hugo Bittlmayer, Wiesenweg 1, 91795 Dollnstein (Tel. 08422/333). Der Verein ist als gemeinnützig anerkannt.
Spenden können auf das Konto 20 153 334 bei der Sparkasse Eichstätt/Dollnstein (BLZ 721 513 40) oder auf das Konto 3 344 770 bei der Volksbank Eichstätt/Dollnstein (BLZ 721 913 00) eingezahlt werden.
Für die nächste Zeit plant der Verein Vorträge, Führungen, Exkursionen, Benefizkonzerte und andere Aktionen.