14.12.2006 Fachwelt blickt auf Dollnstein Von Josef Barthenschlager Dollnstein (EK) Die archäologische Sensation für Dollnstein ist perfekt: Die Geschichte der Burg lässt sich bis in die Karolingerzeit zurückverfolgen, wie gestern bei einer Pressekonferenz deutlich wurde. Seit dem Sommer nehmen der Archäologe Dr. Mathias Hensch und seine Mitarbeiterin Ines Buckel die Burg Dollnstein unter die Lupe – tatkräftig unterstützt von den Mitgliedern der "Burgfreunde". In den warmen Monaten konzentrierten sich die Arbeiten im äußeren Bereich der Ringmauer, und bereits damals machte Hensch deutlich, dass es sich bei der Anlage mitnichten um eine "Vorburg" oder die "Burgstallungen" handelt, wie das Gemäuer ortsüblich bezeichnet worden war, sondern um die Hauptburg. Ferner stellte sich heraus, dass die Fundamente des Mauerwerks bis ins frühe 11. Jahrhundert zurückreichen. Nachdem das Gebäude, vor allem dessen Decke, statisch gesichert war, setzte Hensch vor einigen Wochen den Spaten im Innenbereich an und förderte erneut Spektakuläres zu Tage. Unter dem hochmittelalterlichem Mauerwerk entdeckten die Archäologen Reste einer hölzernen Befestigungsanlage, die Hensch auf das 8. oder 9. Jahrhundert datiert, also auf die Karolingerzeit. Keramikfunde stützen diese Theorie. Damit – und auch das ist höchst bemerkenswert – können die Fachleute fast 1400 Jahre ununterbrochene Siedlungs-, Herrschafts- und Burgengeschichte exemplarisch auf engstem Raum, fast an einem einzigen Gebäude, festmachen. Ferner existiert ein vollständig erhaltenes hochmittelalterliches Kastentor, das ebenfalls dazu beiträgt, dass die Fachwelt derzeit interessiert auf Dollnstein blickt. Dr. Jochen Haberstroh vom Landesamt für Denkmalpflege in Ingolstadt bezeichnete die Grabung denn auch als "Großprojekt bayerischer Denkmalpflege". Übrigens – eine weitere Besonderheit – handelt es sich um keine Notgrabung, sondern um eine vorgesehene Maßnahme im Rahmen der Sanierung. "Bei einer Notgrabung könnten wir das nie zustande bringen", erklärte Haberstroh. Auf diese Weise werde die gesamte, fast 1400 Jahr währende Geschichte der Burg fassbar. Zu ihrer Blütezeit besaß sie großen Repräsentationscharakter und wurde Stammsitz eines der mächtigsten Grafengeschlechter des Mittelalters. Wolfram von Eschenbach kannte die Burg. Er setzte den Dollnsteiner Marktfrauen in seinem Parzival ein literarisches Denkmal, und es scheint nachvollziehbar, dass er ebenfalls hier Anregungen für die Schilderung höfischen Lebens in seinem Werk fand. Begeistert zeigte sich auch Hans-Heinrich Häffner. Der Architekt ist mit der Ausarbeitung und Umsetzung des Nutzungskonzeptes beauftragt. Nach der Sanierung soll in die Burg ein Museum einziehen, das sich mit bau- und siedlungsgeschichtlichen Fragen befasst. So exemplarisch sei das sonst fast nirgends nachvollziehbar. Von daher sei ihm die Archäologie außerordentlich wichtig, betonte Häffner. Der Architekt machte ferner deutlich, dass das Konzept noch fließend sei. "Wir reagieren flexibel auf das, was die Archäologie uns bringt. Bisher sind das so herausragende Funde, dass wir nicht daran vorbei gehen können." Auf jeden Fall sollen so viele Funde wie möglich im künftigen "Altmühlzentrum" ausgestellt werden. Der Architekt dachte gestern auch laut darüber nach, eine begehbare Grabung in das Museum zu integrieren. Obwohl die weiteren Grabungen nicht mehr so umfassend wie bisher weitergeführt, sondern eher punktuellen Charakter haben werden, sei die Burg noch für manche Überraschung gut, freut sich Hensch schon auf die nächste Grabungskampagne im kommenden Jahr .
Grafen von Hirschberg legten großen Wert auf Repräsentation
Dollnstein (baj) Natürlich gibt es
noch wesentlich ältere Funde in Dollnstein als aus mittelalterlicher
Zeit. Sogar die Vorgeschichte wird hier fassbar. Auch römische Spuren
lassen sich nachweisen, beispielsweise gibt es Luftbildaufnahmen, die
eine villa rustica in unmittelbarer Nähe der Burg zeigen. Es scheint
wahrscheinlich, dass Römer diesen wichtigen verkehrsgeographischen Raum
militärisch sicherten. Das allerdings müsste erst genau untersucht
werden. |