Vom Wert der Denkmäler

Vortrag am 07. März 2004 in Dollnstein, Lkr. Eichstätt

Prof. Dr. Egon Johannes Greipl, Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, verehrte Damen, sehr geehrte Herren!

Ihnen allen danke ich zunächst für die ehrenvolle Einladung ins winterliche Dollnstein. Ich bin heute gerne gekommen. Aber, ehrlich gesagt, vor zwei Wochen wäre ich lieber gekommen: Am Faschingssonntag. Dann hätte ich nachschauen können, ob die Frauen von Dollnstein den Fasching immer noch so ausgelassen feiern wie vor über 800 Jahren. Damals hat nämlich der große Dichter und Minnesänger Wolfram von Eschenbach in seinem Parzival das Faschingstreiben der Kauffrauen von Dollnstein gepriesen, und zwar so genau, dass er es aus persönlicher Anschauung gekannt haben muss, als Gast auf der Burg. Ich kenne keinen zweiten Ort, von dem man weiß, wie es seine Frauen vor 800 Jahren im Fasching getrieben haben.

Wenn Wolfram von Eschenbach heute nach Dollnstein käme, würde er sich kaum mehr auskennen. Bis auf den Fluss und die Straße, die darüber führt, bis auf den Grundriss der Stadt, ist alles anders geworden. Die Burg, die noch nach frischem Mörtel roch, als Wolfram vor 800 Jahren dort wohnte, ist verschwunden.

Wie könnte es auch anders sein: Eine Zeit erschafft, eine andere Zeit vernachlässigt und wieder eine andere Zeit zerstört. Wohlstand wechselt mit Armut, Gewerbezweige erblühen und verwelken, politische Bedeutung schwillt an und vergeht, Moden tauchen auf und verschwinden.

Die Burg in Dollnstein war fester Platz und Adelssitz im Mittelalter, Verwaltungsbau der Fürstbischöfe von Eichstätt vom Spätmittelalter bis 1803 und verlor dann ihre Funktion.

 Dollnstein wurde bayerisch. Eine Zeit ungehemmter Reformen brach an, verknüpft mit dem Namen des Ministers Maximilian Montgelas. Ohne Rücksicht auf gewachsene Strukturen, unter der Überschrift der Sanierung der Staatsfinanzen ging ein bürokratischer Hobel über das Land, die Späne flogen und am Ende war der Staat zwar modernisiert, die Sanierung der Finanzen aber verfehlt und ein intaktes Netzwerk kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Beziehungen irreparabel zerrissen. Man nennt diesen Vorgang Säkularisation und Mediatisierung. Er hat einen bis auf den heutigen Tag spürbaren Kahlschlag hinterlassen. Daran sollte sich erinnern, wer heute wieder von durchgreifender Staatsreform und Sanierung von Staatsfinanzen spricht, in einer Weise, die Behutsamkeit vermissen lässt.

Die Burg von Dollnstein galt nach 1803 als unnütz, die wurde versteigert und zu einem bequemen Steinbruch. Heute wären Abbruch und Entsorgung Kostenfaktoren, damals waren Abbruch und Materialverkauf ein wirtschaftlicher Vorteil, die Ruine Wirtschaftsgut und Einnahmequelle.

Heute sehen wir das anders. Historische Bauwerke, ja auch Ruinen, historische und einigermaßen unverletzte Ortsbilder sind Wirtschaftsgüter und Identitätsgüter. Sicher rechnen sie sich nicht von heute auf morgen wie eines jener gesichtslosen Gewerbe- und Wohngebiete, von denen wir noch viel hören werden: als Problemfelder noch viel hören werden. Historische Bauten sind für eine Kommune Alleinstellungsmerkmale, wie die Ökonomen sagen, Standortvorteile. Schauen sie in den Fremdenverkehrprospekten nach, mit welchen Bildern der Tourismus wirbt!

Wenn Sie sich jetzt anschicken, für das, was von Ihrer Burg geblieben ist, vielleicht auch das, was von Ihren historischen Häusern in Dollnstein geblieben ist, Verantwortung zu übernehmen, tun Sie etwas, was in die Zukunft weist. Das was geblieben ist: Trotz dramatischer Verluste, ist dies im Vergleich zu anderen kleinen Städten und Märkten noch viel.

Ich habe den Begriff „Alleinstellungsmerkmal“ gebraucht. Ich könnte auch den Begriff „Identität“ wählen und das Problem des Erhalts dessen, was in Dollnstein sichtbar aus der Geschichte geblieben ist, in einen großen, sehr aktuellen Zusammenhang stellen.

Identität bedeutet Verortung, nicht nur in einem geographischen Sinne, sondern ebenfalls in einem kulturellen Sinne, im Sinne menschlicher Zugehörigkeit, im Sinne von kultureller Beheimatung und im Sinne gemeinsamer Wertvorstellungen und Ziele.

Die Ökonomie hat die Bedeutung von Identität schon längst begriffen. Unternehmen haben ihre corporate identity, die sich im äußeren Erscheinungsbild ausdrückt: in den Logos, im Briefpapier, in den Visitenkarten, in der Sprache, im Auftreten der Mitarbeiter und im Profil und der Gestaltung der Produkte. Corporate identity meint etwas Geschlossenes, meint Zusammenhalt, ermöglicht Standortbestimmung und Orientierung nach innen, ebenso wie Orientierungsmöglichkeit für diejenigen, die außen stehen. Wer das Firmenlogo sieht, verbindet damit sofort eine Vorstellung vom Produkt.

Unsere gegenwärtige Welt ist von Prozessen bestimmt, die mit einer Dynamik und Komplexität ablaufen, die geradezu unheimlich sind. Information, Ökonomie, Ideologien und Politik agieren global. Die Zusammenhänge, Abhängigkeiten, Funktions- und Deutungsmuster verlieren an Transparenz, überfordern den einzelnen, ja flößen ihm Angst und Verzweiflung ein. Auf der einen Seite zerfallen große Staatsgebilde, auf der anderen Seite stellt sich die Frage nach der Kompetenz und Souveränität nationaler Staaten in einer zunehmend globalisierten Welt(un)ordnung. Der Verlust von kulturellen, ökonomischen, ökologischen und politischen Lebensgrundlagen in vielen Regionen aller Kontinente zwingt Millionen von Menschen zu hoher Mobilität, ja zur Migration.

Andererseits wächst die Sehnsucht nach Vertrautheit, Orientierung und Identität. Diese Sehnsucht glaubt, ihre Erfüllung in einem neuen Regionalismus zu finden, in der Wiederentdeckung eigener Geschichte, eigener Traditionen, eigener geistiger und religiöser Wurzeln. Ins Extrem getrieben, liegen hier auch die Ursachen von Phänomenen, die wir dem Fundamentalismus und dem Terrorismus zuordnen.

Es ist wichtig, den Erhalt unseres landschaftlichen, baulichen und archäologischen Erbes in diesen großen Zusammenhängen zu sehen. Die Bewahrung unserer Städte und Dörfer, unserer Gotteshäuser, unserer Schlösser und Friedhöfe als Beitrag zum Ausdruck und zur Vergewisserung von Identität. Das bauliche und archäologische Erbe überspannt Epochen, geographische Räume, religiöse und soziale Barrieren.

Dieses Überspannen Überbrücken, dieses Bemühen um Integration kennzeichnet übrigens auch die Entwicklung von Denkmalverständnis, Denkmalpflege und Denkmalschutz in den vergangenen hundert Jahren. Das Feld des zu Schützenden, des zu Pflegenden, des in Resten wenigstens zeugnishaft zu Erhaltenden hat sich in mehrfacher Richtung integrierend erweitert. Nicht nur die Schlösser, Kirchen und Klöster allein sind es, denen unser Schutz- und Pflegeinteresse gilt, sondern auch das Bauernhaus, das Handwerkeranwesen, ein Ortsbild, ein Bahnhof, eine Maschinenhalle, ein Armenhaus oder ein Konzentrationslager: Bauliche Zeugen für das Leben und Leiden vergangener Generationen. Der Wert unseres baulichen Erbes besteht eben nicht im Einzelphänomen von willkürlich definierter ästhetischer Qualität, sondern in der Vielfalt, in der Vielzahl, in der Dichte und im Ensemble.

Mit jedem Denkmal, das stirbt -es waren in den letzten drei Jahrzehnten in Bayern Hunderte, in Dollstein Dutzende-, stirbt etwas Einmaliges und Unersetzliches. In Bayern haben wir etwa vier Millionen bauliche Anlagen. Knappe zwei Prozent davon, alle Kirchen, Kapellen und Bildstöcke schon eingerechnet, sind Baudenkmäler, insgesamt etwas mehr als hunderttausend Objekte. Dazu kommen 40.000 derzeit bekannte archäologische Stätten. Noch einmal: nur knappe zwei Prozent aller Bauten in Bayern sind Denkmäler. Denkmäler sind also eigentlich rar, und doch haben sie eine Bedeutung und eine Wirkungskraft, welche zu ihrer geringen Zahl im umgekehrten Verhältnis steht.

Denkmäler sind Zeichen für mehr, sind Symbole, sind Anhaltspunkte: Das ist nicht erst heute so. Der Dom in Köln ist nicht nur die Kirche des katholischen Erzbischofs. Der Kölner Dom wurde im 19. Jahrhundert ein Nationaldenkmal, ein Sinnbild für den kulturellen und politischen Rang des Deutschen Reiches. Das Brandenburger Tor in Berlin symbolisierte über die Jahrzehnte der deutschen Teilung hinweg die deutsche Einheit und stand, als Bayer stelle ich dahin, ob richtig oder falsch, für deutsche Identität. Mit der Akropolis verbindet sich ganz Griechenland und seine Kulturleistung, in Rom steht hinter dem Kapitol die ganze römische Geschichte, der Petersdom und der Petersplatz meinen 2000 Jahre und eine Weltreligion, und der Kreml in Moskau steht für die ganze Größe und Gewalt der russischen Geschichte; er steht für die russische Identität, mögen die Zaren rot, schwarz oder blau gewesen sein. Dass die europäische Identität der Polen, der Tschechen, der Slowaken und der Ukrainer über 40 Jahre Kalten Krieg und Eisernen Vorhang hinweg bewahrt geblieben ist, hat nicht zuletzt mit dem baulichen Erbe dieser Völker zu tun, das eben ein Hervorbringen europäischer Kultur ist.

An Bauwerken und Stadtbildern machen sich also Identitäten fest. Deshalb gilt auch die furchtbare Umkehrung: Wer im Hass Baudenkmäler zerstört, trifft auch Identitäten ins Mark. 1999 habe ich vier Monate militärischen Dienst auf dem Balkan geleistet. Da stand ich in der Stadt Mostar, habe den Schutthaufen des zerstörten erzbischöflichen Palastes gesehen und im Fluss Neretva die Trümmer des stari most, der berühmten alten Bogenbrücke, die das in aller Welt bekannte Symbol der Stadt gewesen ist. Dass man mit Baudenkmälern Identitäten zerstört, haben die kroatischen Krieger sozusagen intuitiv begriffen, als sie diese Brücke in die Neretva schossen. In Sarajewo haben mich die Fensterhöhlen der ausgebrannten Nationalbibliothek angestarrt. Als die Serben dieses Gebäude unter ihr verheerendes Mörserfeuer nahmen, stand nicht militärischer Zweck hinter solcher Barbarei, sondern der Angriff auf die ethnische und historische Identität von Menschen.

In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis auf den Zweiten Weltkrieg angebracht: Deutsche Bomber richteten in London, in Coventry, in Rotterdam und in Warschau verheerende Verwüstungen an. Das Zentrum von Warschau mit dem Schloss wurde geradezu ausgelöscht. Auch hier traf man nicht Munitionsfabriken, kriegswichtige Brücken oder Bahnhöfe, sondern Baudenkmäler und Zeichen historischer Identität. Umgekehrt ist die Auslöschung der Städte Dresden und Würzburg, die Beschädigung der Altstädte von München, Augsburg oder Nürnberg zu 70 – 80 Prozent ebenfalls nicht aus militärischen Gründen zu erklären. Es war dies eine Attacke auf Stadtdenkmäler, Schöpfungen von Jahrhunderten aristokratischer, kirchlicher und bürgerlicher Kultur, Schöpfungen, wie Dresden von europäischem Rang. Mit den Stadtdenkmälern wurde Identität in das Visier der Bomberpiloten genommen.

Aber auch der Wiederaufbau der zerstörten Städte ist ein Beleg für den Stellenwert der Denkmäler. Mit der Reparatur und der Rekonstruktion der ruinierten oder dem Erdboden gleich gemachten historischen  Bauwerke wollte man Heimat und Identität wiedergewinnen, obgleich man hätte fragen können, ob das Geld nicht für Wohnungen nötiger wäre. Nein: Die gebauten Zeichen der Identität wurden als erste wieder errichtet.

Mit Bauwerken und Kunstwerken Identitäten zu treffen ist ein ganz aktuelles Thema: Dass die Taliban die Buddhas von Bamyan in die Luft jagten, macht nur Sinn, wenn damit verheerendere Schäden in den Köpfen  und den Herzen von Menschen angerichtet werden. Mit der Zerstörung des World Trade Center schließlich setzte der Symbolterrorismus ein unerhörtes Fanal. Die ausgebrannten und eingestürzten Türme von New York sollten die westlichen ökonomischen und politischen Systeme in ihrer Verwundbarkeit vorführen.

Neben der ideologisch motivierten Zerstörung von Denkmälern kenn wir auch die Zerstörung aus brutalem, auf den Tag und auf eine schnelle Rendite bezogenem wirtschaftlichem Interesse. Beispielsweise werden archäologische Stätten insbesondere in den ärmeren Ländern ausgeplündert, ihres Aussagewertes beraubt. Die Schätze wandern auf dunklen Kanälen in private Sammlungen und öffentliche Museen. Die Gewinnspannen sind enorm, Geldwäsche kommt vor. Raubgräber, Händler und Sammler, die sich an solchen kriminellen Machenschaften beteiligen, stehlen Völkern und Regionen Teile ihrer Geschichte und Teile ihrer Identität.

So ist der sorgsame Umgang mit dem baulichen und archäologischen Erbe wichtig. Er sichert Identität, und er sichert Werte. Man muss nicht einmal in diesen abstrakten Sphären denken, sonder darauf verweisen, welche Rolle Baudenkmäler für die Wirtschaft spielen. Die Denkmalpflege setzt Künstler und Handwerker ins Brot und trägt auf diese Weise die Kenntnis historischer Materialien und Techniken weiter. Software, wenn Sie so wollen, bleibt erhalten, die sonst unwiederbringlich verloren ginge. Baudenkmäler sind eine witterungsunabhängige Attraktion für Tourismus. Die Fremden wollen nicht Dinge sehen, die sie zu Hause auch haben, Allerweltsdinge, sondern sie wollen das sehen, was für das Land, in das sie reisen typisch ist. Niemand fährt nach Venedig, um Wolkenkratzer, und nur wenige Spezialisten nach Bayern, um eine High-Tech Fertigungshalle anzuschauen. Solche Sachen haben die Japaner zu Hause, bei uns wollen sie lieber die Würzburger Residenz oder das Schloss Neuschwanstein sehen, vor allem aber romantische unverwechselbare Orts- und Stadtbilder: Rothenburg, Dinkelsbühl, Passau, Bamberg.

Der Gegenstand der Denkmalpflege, die archäologischen, baulichen und künstlerischen Zeugnisse aus vergangener Zeit, sind nicht beliebig reproduzierbare Produkte , sondern sie sind Werte, begrenzte Ressourcen. Was weg ist, ist weg. Deshalb ist die Diskussion um die Denkmalpflege eine politische Wertediskussion. Es ist eine zentrale Aufgabe der Denkmalpflege, diese Wertediskussion zu führen, den Wert der Denkmälern zu vermitteln, den Politikern und insbesondere der nachwachsenden Generation.

Hier gibt es Grund zur Sorge. Betroffen sind weniger die Landeshauptstadt und die großen Zentren, betroffen ist die Region: Die Landesarchäologie in Bayern geht finanziell am Krückstock und wird die Hälfte ihrer Dienststellen einbüßen., darunter Ingolstadt und Nürnberg. Die Baudenkmalpflege verliert von 2003 auf 2004 ganze 40 (!) Prozent ihrer operativen Mittel und bucht damit seit 1990 (Stand 22 Millionen Euro) bis heute (Stand 5 Millionen Euro) einen beispiellosen Rückgang von beinahe 80 (!) Prozent. Der Museumsförderung durch fehlen 2004 gegenüber 2003 ebenfalls 40 Prozent der Gelder. Und schließlich soll bis 2008 unser Stellenplan um 25 Stellen schrumpfen.

Die unbestritten notwendige Konsolidierung der Staatsfinanzen kann diese Entwicklung nur zum kleinen Teil erklären. Ich fürchte, dass wir Zeugen eines kulturpolitischen Paradigmenwechsels sind. Politik und Gesellschaft schicken sich an, den Wert unseres baulichen und archäologischen Erbes neu zu beziffern.

Eine Zukunft für unsere Vergangenheit  war die Devise des europäischen Denkmalschutz - Jahres 1975. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Devise außer Kurs gerät. Trotz Denkmalschutzgesetz wird es immer schwerer, dem Druck nackter, nur auf den Tag gerichteter wirtschaftlicher Interessen Stand zu halten. Aber: Wir sorgen uns doch nicht um hübsche alte Häuser oder belanglose Scherben sondern um stumme Zeugen unserer Geschichte und um Anhaltspunkte unserer Identität. Staat und Gesellschaft besitzen in ihren Baudenkmälern und ihren Bodendenkmälern schon unübertreffliche Träger von corporate identity. Doch ihren Wert scheinen sie zu vergessen.

Eine amerikanische Geschichte erzählt von einem Indianer, der als Anhalter am Highway steht. Ein Weißer hält, fragt ihn nach dem Ziel, nickt und nimmt ihn mit. Nach 80 oder 100 Meilen bittet der Indianer, aussteigen zu dürfen. Auf den Hinweis des Fahrers, man sei noch längst nicht am Ziel, entgegnet der Indianer: Ich weiß. Aber ich muss die Reise jetzt unterbrechen und warten, bis meine Seele nachkommt.

In der rasenden Entwicklung unserer Gegenwart sind nicht zuletzt die Denkmäler Haltepunkte, an denen unsere Seele, so lange wir noch eine haben, nachkommen kann. Sie schützen uns davor, bewusstlos überrollt zu werden. Sie haben mit Orientierung, mit Bereicherung, Erlebnis und gefährdeter Lebensqualität zu tun. Für das Selbstverständnis, für das Selbst - Bewusstsein, die Selbst-Achtung, für die Identität von Völkern, Regionen, Staaten, Stämmen, Städten, Märkten, Familien, Kulturen sind Denkmäler lebenswichtig: Heute mehr denn je.

Dollnstein hat ein Wappen, das so alt ist wie nur wenige Gemeindewappen in Bayern. Schon im 14. Jahrhundert siegelt der Rat der Marktgemeinde seine Urkunden mit diesem Wappen. Es zeigt bis auf den heutigen Tag in Rot eine silberne, ummauerte Burg auf einem silbernen Dreiberg.

So ist die Burg von Anfang an nicht das Zeichen  für drückende Herrschaft von adeligen oder bischöflichen Herren gewesen, sondern das Zeichen bürgerlichen Selbstbewusstseins und bürgerlicher Freiheit.

Wenn sich die Gemeinde -damit meine ich den Bürgermeister und den Marktgemeinderat, die gesamte Bürgerschaft, aber ebenso das bürgerliche Engagement im Rahmen von Burgverein und Förderverein- heute um das kümmert, was von dieser Burg geblieben ist, um Vorburg und Torbau, zeigt sich Kontinuität. Sie stehen zu Ihrem Wappenbild.

Die Bemühungen um den Erhalt sind auf einem guten Weg, wenn er auch manchmal nicht schnurgerade sondern in Serpentinen verlaufen ist. Dies ist in schwierigem und steilem Gelände kein Wunder! Wir, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, wird dieses Weg mit Ihnen gehen. Die noch ausstehenden Voruntersuchungen sind eingeleitet. Es wird darum gehen, ein schlüssiges Nutzungskonzept zu entwickeln, die Kosten zu prüfen und den Eigenanteil des Marktes geringer ausfallen zu lassen, als es die gegenwärtigen Finanzierungskonzepte vorsehen. Dabei haben Sie meine volle Unterstützung. Diese kann ich Ihnen trotz meiner traurigen Lageschilderung mit gutem Gewissen anbieten, denn: Der Denkmalpflege – Entschädigungsfond, den die Kommunen zur Hälfte mit finanzieren, ist von der gegenwärtigen Sparorgie noch nicht betroffen. Deshalb bin ich optimistisch.

Zum Schluss, sehr verehrte Damen und Herren, biete ich Ihnen eine Saalwette an: In zweihundert Jahren  wird man Dollnstein noch kennen, wegen der Erwähnung im Parzival des Wolfram von Eschenbach und wegen seiner immer noch bemerkenswerten historischen Bausubstanz. Die Umsatzzahlen des Jahres 2004 von Allianz, Microsoft, VW oder BMW  wird aber kein Mensch mehr wissen, ja nicht einmal mehr wissen wollen.

Home