Das Kalkplattendach

Die Einzigartigkeit des Legschieferdaches

Allen Jurahäusern, die durch ihre weltweit einzigartige Hausform stark das Landschaftsbild prägen, ist das einzigartige Dach aus Steinplatten gemeinsam. Es besteht aus unbearbeiteten, lose übereinander geschichteten Kalkplatten, dem „Legschiefer“. Das Alter dieser Häuser geht häufig bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts zurück.
Solch eine Natur-Dacheindeckungsart schmückt seit Jahrhunderten auch die Burg Dollnstein. Ihre Abbildung in der Frauenkapelle zu Heideck zeigt ein Nebengebäude der Burg Dollnstein mit einem hellen, flach geneigten Dach - die wohl älteste Abbildung eines mit Legschiefer gedeckten Hauses.

Das erneuerte Legschieferdach der Dollnsteiner Burg lässt  die besondere Ästhetik dieses Dachtyps deutlich werden: Geschmeidig fließen die unterschiedlichen weiß-beigen Platten wellenförmig die Dachrinne entlang. Durch die aufblitzenden Strahlen der Sonne entsteht ein gleichmäßiger Rhythmus von Licht und Schatten, der je nach Tageszeit dem flach geneigten Dach eine ganz eigene Anmutung verleiht. Trotz des schweren Gewichts, das die zahlreichen aufeinander geschichteten Steinplatten verursachen, strahlt das lange, helle Dach eine bewundernswerte Dynamik und Leichtigkeit aus.
Das Vorkommen der Jurahäuser mit ihren besonderen Dächern ist geografisch sehr begrenzt. Eine Begründung für dieses eingeschränkte Verbreitungsgebiet liefert das natürliche Vorkommen des Plattenkalks selbst.

Die Gewinnung der Steinplatten

Das Juragestein entstand im Mesozoikum (Erdmittelalter) vor etwa 250 bis 65 Millionen Jahren. Die älteren Schichten, der Jura-Marmor, bildeten sich vor etwa 160 Millionen Jahren. Sie haben eine Stärke von etwa 20 bis 160 cm und werden als Blöcke aus der Erde gebrochen
Die jüngeren Schichten, die Solnhofer Plattenkalke, entstanden vor ca. 150 Millionen Jahren und haben eine Stärke von wenigen Millimetern bis zu 40 cm. Benannt sind sie nach ihrem Hauptabbaugebiet, den Solnhofen Plattenbrüchen, aus denen im Tageabbau auch der Legschiefer für das Kalkplattendach bezogen wird.
Zum Abbau der Platten wird heute mit Baggern zuerst der Abraum über den Plattenschichten weggeräumt.  Darunter liegen die einzelnen, aus mehreren geschichteten Platten bestehenden „Lagen“ (Plattenpakete). Sie sind durch mehr oder weniger dicke Tonschichten von einander getrennt, so dass sie vom „Hackstockmeister“ mit Hilfe eines Pickels angehoben werden können. Mittels Hammer und Meißel werden sie in Einzelplatten gespalten. So erhält man die gelbweißen bis blaugrauen Kalkplatten. Nur Platten mit einer Stärke von 5 bis 15 mm sind für das Kalkplattendach geeignet. Ob es sich um brauchbare „Kernplatten“ handelt, überprüft der Hackstockmeister durch Abklopfen. Ein heller Klang weist auf einen gesunden Stein und eine hohe Qualität hin. Der minderwertige Schutt, das „Bschütt“, beträgt 60 % oder mehr und wird vor Ort zu Schutthalden aufgetürmt, teilweise aber auch zur Wiederbefüllung der ausgebeuteten Steinbrüche und für den Straßenbau verwendet oder zu Zement verarbeitet. Die Kernplatten verschiedener Dicke werden in Holzkisten verpackt und vom Abnehmer abgeholt. Die dickeren Platten verwendet die Bauindustrie als Wand- und Bodenplatten, Fensterbänke oder zum Treppenbau.
Früher konnten nur die Orte mit Dachsteinen beliefert werden, von denen aus man mit dem Fuhrwerk innerhalb eines Tages zu dem Steinbruch gelangen, dieses beladen und zur Baustelle zurückkehren konnte. Das war je nach Ausbau der Wegenetze und Wegeführung eine Strecke von bis zu 25 km. Da die Solnhofener Plattenkalke nur in der Region um Solnhofen und Eichstätt vorkommen, begrenzte diese für heutige Verhältnisse eingeschränkte Transportmöglichkeit zu einem großen Teil das Ausbreitungsgebiet des Kalkplattendachs. Das Material für das Dach der Dollnsteiner Burg wurde mit Sicherheit aus den umliegenden Steinbrüchen gebrochen.

Die Dachkonstruktion

Die bauliche Grundvoraussetzung für das Legeschieferdach bildet der starke, als Pfettenstuhl konstruierte Dachstuhl, der dem hohen Gewicht der Kalkplatten trotzen muss. Um ein Abrutschen der lose aufgelegten Steine zu vermeiden, beträgt die Dachneigung im Durchschnitt nur 27° bis 30°. Trotz des flachen Winkels ist das Ablaufen des Regenwassers  noch gewährleistet. Die waagrechten Pfetten tragen die Dachkonstruktion und auf ihnen lasten die zu den Pfetten senkrecht stehenden Sparren bzw. Rofen, wie sie im Altmühlgebiet genannt werden. Der Abstand der Rofen zueinander beträgt in der Regel bis 100 cm.

Die Verlegung der Legeschieferplatten

Als Auflage für die Solnhofer Platten dient eine Lattung aus Harnickeln. Es sind dies entrindete und gespaltene Rundhölzer mit einer Stärke von 10 bis 25 cm, die waagrecht an den Dachsparren befestigt werden. auf diese Art entsteht die wichtigste Eigenschaft dieser Schalung, nämlich die unebene Oberfläche, die ein Abrutschen der Steinplatten verhindert. Mit dieser Technik verkleiden die Dachdecker in reiner Handarbeit das Dach bis zum First 

Angefangen wird mit der Verlegung an der unteren Begrenzung der Dachfläche, der Dachtraufe. Ein stärkeres Holz, die so genannte Traufbohle, fungiert für die etwas größeren ersten beiden, ohne Abstand übereinander gelegten Traufplatten als Auflage. In fünf bis zehn Lagen werden die weiteren Kalkplatten übereinander geschichtet, wobei die nächste Schicht immer etwa 5 cm gegenüber der darunterliegenden Platte zurücktritt. Zum Auffüllen der Lücken zwischen den unregelmäßig geformten, aufgelegten Platten und zum Unterlegen einer Lage verwenden die Dachdecker kleinere Platten oder Bruchstücke. So ist eine völlige Dichte des Daches garantiert. Den Dachfirst decken sie anschließend meist mit aufgemörtelten Firstziegeln aus Ton ein.

Auf diesen groben Unterbau kommt die Dachhaut, bestehend aus den 40 bis 50 cm großen Solnhofener Platten. Vereinzelte Steine werden mit dem Hammer oder der Zwickzange nachbearbeitet, wobei vor allem die spätere äußere Kante korrigiert wird.
Angefangen wird mit der Verlegung an der unteren Begrenzung der Dachfläche, der Dachtraufe. Ein stärkeres Holz, die so genannte Traufbohle, fungiert für die etwas größeren ersten beiden, ohne Abstand übereinander gelegten Traufplatten als Auflage. In fünf bis zehn Lagen werden die weiteren Kalkplatten übereinander geschichtet, wobei die nächste Schicht immer etwa 5 cm gegenüber der darunterliegenden Platte zurücktritt. Zum Auffüllen der Lücken zwischen den unregelmäßig geformten, aufgelegten Platten und zum Unterlegen einer Lage verwenden die Dachdecker kleinere Platten oder Bruchstücke. So ist eine völlige Dichte des Daches garantiert. Den Dachfirst decken sie anschließend meist mit aufgemörtelten Firstziegeln aus Ton ein.

Die Vorzüge des Kalplattendachs

Im Unterschied zum Ziegeldach und dem schwarzen Schieferdach ist das Legschieferdach ein „warmes“ Dach. Die zahlreichen Lagen ergeben mit ihren Luftzwischenräumen eine gute Wärmeisolierung, so dass die Innenräume nicht den gewöhnlichen Temperatur-schwankungen ausgesetzt sind.
Ein weiterer Vorteil besteht im Schutz vor Feuer und Funken. Aufgrund des nicht brennenden Dachmaterials und der Flugfeuer abhaltenden Dachhaut aus Steinplatten liegt bei weitem keine so hohe Brandgefahr vor, wie es bei Strohdächern und Holzdächern  und selbst Ziegeldächern der Fall ist.
Die große Überlegenheit des Legschieferdaches gegenüber den anderen Dacharten ist seine hohe Lebensdauer, die mehrere Jahrhunderte betragen kann. 50 ja sogar 100 Jahre kann es ohne Reparaturen überstehen. Danach wird das Dach entweder umgedeckt oder an undichten Stellen durch zusätzliche Schichten ausgebessert. Im Laufe der Zeit verändert sich die Farbe der Kalkplatten von weiß-beige zu grau-schwarz, und Flechten und Moose bewachsen das Dach. Dies Veränderungen verleihen seinem Aussehen eine besondere Patina und es entsteht wieder eine ganz neue und eigene Ästhetik.                        
                                                                                                         Text: Christina Häffner, Hans - Heinrich Häffner, Bernhard Eder

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